Wir kennen kein Krankheitszeichen, das dem Arzt und besonders uns Chirurgen so häufig und allerdings auch so vieldeutig entgegentritt wie der Schmerz. Ihn zu bekämpfen, wann und in welcher Art nur immer über Schmerz und Schmerzen geklagt wird, war seit Urzeiten vornehmste Aufgabe all derer, die ihren Mitmenschen in Stunden der körperlichen Not zu dienen berufen waren.“1)
1) Ernst Seifert (1960) ’Der Wandel im menschlichen Schmerzerleben’.
So komplex der Schmerz als pathophysiologisches Phänomen imponiert, so komplex sind auch die Ansätze, ihn zu bekämpfen. Wir wollen im Folgenden versuchen darzustellen, welche Methoden wir anwenden und welche therapeutischen Ziele wir verfolgen. Wichtig: Vor der Schmerzbehandlung steht die Diagnose seiner Ursache, die in enger Kooperation mit anderen Fachgebieten abgeklärt werden muss, denn Schmerz ist häufig ein Alarmsignal und Hinweis auf eine Erkrankung mit deren Therapie auch der Schmerz verschwindet. Einfachstes Beispiel: ist die Blinddarmentzündung: hier wäre es fatal ausschliesslich den Schmerz zu bekämpfen und die eigentliche Ursache ausser Acht zu lassen, bzw. sogar zu verschleiern.
1. Patienten, die wir ambulant betreuen:
Der Leiter der Klinik ist durch die Kassenärztliche Verrechnungsstelle Nordrhein auf Zuweisung qualifizierter niedergelassener Kollegen, zur ambulanten Schmerztherapie ermächtigt. Wir beraten und behandeln also auch nichtstationäre Schmerzpatienten in enger Kooperation mit ihren Hausärzten. Stationär: Patienten nach grösseren Operationen, die von uns mit Schmerzkathetern versorgt wurden, werden von und solange betreut, wie dies nötig ist. Die Katheter werden in Absprache zwischen Patienten und Therapeuten nach einigen Tagen entfernt. Patienten, die ambulant auf die notwendige Therapie nicht einzustellen sind, werden stationär aufgenommen. Es folgt dann die weiterführende Diagnostik und die langfristige Einstellung der Therapie. Konsiliardienst: Alle Patienten des Krankenhauses, unabhängig welche Fachdisziplin das Grundleiden behandelt, werden von uns auf Anfrage konsiliarisch betreut.
2. Typische Schmerzsyndrome, die wir behandeln Postoperative Schmerzen, Geburtsschmerzen, Tumorschmerzen, Nervenschmerzen nach Nervenverletzungen, Polyneuropathie, sympathische Reflexdystrophie, Ischämieschmerzen (bei Durchblutungsstörungen), Stumpf- und Phantomschmerzen, Kopfschmerzen und Migräne, Gesichtsschmerzen, Trigeminusneuralgie, Schmerzen des Bewegungsapparates – Rückenschmerzen, Postzosterneuralgie.
3. Methoden, u.a. nach WHO-Standard - Differenzierte medikamentöse Schmerztherapie
Es existiert heutzutage eine nahezu unüberschaubare Menge verschiedenster Schmerzmittel, die in Form von Tabletten, Tropfen, Injektionen, Suppositorien, Salben, Pflaster etc. zu verabreichen sind. Eine solche Auswahl ist einerseits vorteilhaft, weil so für jeden Patienten ein individuelles Therapiekonzept aufgestellt werden kann. Andererseits ist gerade das Erstellen eines solchen Konzeptes nicht immer einfach und erfordert umfassende Kenntnisse und Erfahrung auf dem Gebiet der Schmerztherapie. In manchen Fällen ist sogar ein stationärer Aufenthalt zur medikamentösen Schmerzmitteleinstellung notwendig, um die Wirkung, aber auch mögliche Nebenwirkungen optimal überwachen zu können.
Zentrale und periphere Blockadetechniken (z.B. epidurale Blockade)Zentrale und periphere Nervenblockaden erfolgen mit Lokalanästhetika, antientzündlichen Medikamenten oder kortisonhaltigen Lösungen, die in der Nähe des schmerzleitenden Nervs inji-ziert werden und so zu einer Schmerzunterbrechung führen.Setzt man diese Technik z.B. im Bereich der Wirbelsäule ein, können Schmerzen bei Bandscheibenleiden, Nervenwurzelreizungen oder der Spinalkanalstenose behandelt werden. Die Injektion muß nach Ablauf der Wirkdauer des Medikaments u.U. wiederholt werden.
Sympathikusblockaden, Ganglion-stellatum-Blockade
Die Ganglion-stellatum-Blockade kommt bei Durchblutungsstörungen, bestimmten Arten von Nervenschmerzen und der sympathischen Reflexdystrophie im Bereich des Armes, des Schultergürtels und des Kopfes zum Einsatz. Das Ganglion Stellatum ist ein Nervenknoten im Halsbereich, in den mit einer Punktionsnadel ein Lokalanästhetikum (örtliches Betäubungsmittel) injiziert wird. Normalerweise bessern sich die Schmerzen direkt nach der Blockade. In der Regel müssen die Blockaden mehrfach erfolgen, um einen dauerhaften Effekt zu erzielen.
Ganglionäre lokale Opioidanalgesie (GLOA)
Hierbei handelt es sich um ein Verfahren, dass zur Therapie der Trigeminusneuralgie, eines starken Gesichtsschmerzes, angewandt wird. Durch die Injektion eines Schmerzmittels aus der Gruppe der Opioide in einen Nervenknoten im seitlichen Rachenraum kann schon nach wenigen Minuten eine Schmerzreduktion bzw. –freiheit erreicht werden. Aufgrund der begrenzten Wirkdauer des Medikaments muss dieses Verfahren möglicherweise mehrfach wiederholt werden, bis eine Rückbildung des Gesichtsschmerzes eintritt. Vorteile dieser Methode sind die einfache Durchführung und die geringe Nebenwirkungsrate. TriggerpunktinfiltrationDie Triggerpunktinfiltration dient der Behandlung von myofaszialen Schmerzsyndromen.Dabei handelt es sich um Muskelschmerzen, die von bestimmten Triggerpunkten im Muskel ausgelöst werden. Diese Triggerpunkte entwickeln sich akut durch Verletzungen oder Überanstrengung des Muskels oder chronisch, z.B. durch Fehlhaltungen. Häufig sind die Schulter-Arm-Muskulatur, die Rückenmuskulatur und die Muskulatur im Kopfbereich betroffen. Durch die Infiltration dieser Triggerpunkte mit Lokalanästhetika kann die Schmerzsymptomatik unterbrochen werden. Für einen dauerhaften Erfolg der Therapie sind jedoch weitere Massnahmen wie z.B. eine Verminderung der Muskelverspannung durch Dehnungsübungen, Akupunktur, Kälteapplikation und letztlich die Suche nach einem übergeordneten Auslöser im Bewegungsapparat und dessen Behandlung nötig.
Transcutane elektrische Nervenstimulation (TENS)
Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) ist ein Verfahren, das vom Patienten selbst angewendet wird und durch schmerzlose elektrische Stromreize zur Schmerzunterdrückung führt. Mit einem handlichen, tragbaren Gerät werden über auf die Haut aufgeklebte Elektroden gezielt bestimmte Areale am Körper elektrisch gereizt. Dadurch lassen sich körpereigene schmerzunterdrückende Abläufe im Zentralnervensystem aktivieren. U.a. werden dabei vom Körper selbst produzierte schmerzhemmende Substanzen (sog. Endorphine) verstärkt ausgeschüttet. Prinzipiell kann bei den meisten Schmerzsyndromen ein Versuch mit TENS unternommen werden. Lediglich bei Patienten mit Herzschrittmachern muss man auf TENS verzichten. Anwendung von implantierten Pumpensystemen zur spinalen ApplikationDieses Verfahren dient der Behandlung schwerer Schmerzen wie z.B. Tumorschmerzen, wenn eine orale Therapie nicht ausreicht oder massive systemische Nebenwirkungen auftreten, die bei einer örtlichen Medikamentengabe vermieden werden können. Auch bei spastischen Krankheitsbildern kommen solche Systeme (epidural oder spinal) zum Einsatz. In den Spinalraum um das Rückenmark wird ein Katheter eingelegt, über den aus einer äusseren oder implantierten Pumpe Schmerzmittel verabreicht werden. Diese Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide binden direkt an spezifische Rezeptoren im Rückenmark, die die Schmerz-weiterleitung hemmen, ohne jedoch andere Sinnesqualitäten wie Berührungs- oder Temperaturempfindung und die Bewegung zu beeinflussen.Nachdem der Patient bei einem kurzen stationären Aufenthalt die richtige Bedienung der Pumpe erlernt hat, kann die Behandlung Zuhause fortgesetzt werden.
Die weitere ambulante Betreuung zur Kontrolle und zum Befüllen des Pumpensystems erfolgt durch die Schmerzambulanz. Diverse Kathetertechniken (peridural, interscalenär, axillär, infrascapulär)Vor allem zur postoperativen Schmerztherapie hat es sich als vorteilhaft erwiesen, kurz vor einer Operation einen Schmerzkatheter zu legen, durch den Schmerzen im Operationsgebiet gezielt ausgeschaltet werden können. In örtlicher Betäubung wird dazu ein sehr dünner Plastikschlauch in der Nähe eines Nervs oder Nervengeflechts plaziert. Durch die Gabe eines örtlichen Betäubungsmittels wird die Schmerzweiterleitung aus der operierten Körperregion unterbrochen. Bei dauerhafter Infusion des Schmerzmittels ist der Patient so noch tagelang nach dem Eingriff schmerzfrei. Der Katheter stört nicht im Liegen und läßt sich unkompliziert entfernen, sobald der Patient ihn nicht mehr benötigt. Typische Anwendungen sind Schmerzkatheter in der Leiste, z.B. beim Einbau von Kniegelenksprothesen, oder am Hals, z.B. bei Schultergelenkseingriffen.Der so genannte Periduralkatheter wird in der Nähe des Rückenmarks plaziert und unterbricht die Schmerzweiterleitung aus den Beinen und dem Bauchbereich. Er wird vor allem bei grösseren Operationen der Bauchorgane sowie bei Durchblutungsstörungen der Beine und den damit verbundenen Eingriffen eingesetzt.
Die Prophylaxe des Phantomschmerzes bei Amputationen ist eine wichtige Indikation.Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Schmerzerleichterung während der Geburt. Patientenkontrollierte On-Demand-Analgesie (PCA) – postoperativ und in der TumorschmerztherapieBei der patientenkontrollierten Analgesie erhält der Patient eine Infusionspumpe, mit deren Hilfe er sich selbständig Schmerzmedikamente intravenös zuführen kann. Verspürt der Patient Schmerzen, kann er auf Knopfdruck die Pumpe aktivieren und eine vom Arzt zuvor eingestellte Menge des Schmerzmittels anfordern. Auf diese Weise läßt sich die Medikamentendosis dem individuellen Schmerzempfinden und der unterschiedlich stark empfundenen Wirksamkeit der Schmerzmittel anpassen. Zudem ist der Patient bei auftretenden Schmerzen unabhängig von der Anwesenheit eines Arztes, ist aber gleichzeitig durch die vorgegebene Höchstdosis vor Überdosierung geschützt.
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